Mein Blog rankt sich um mein Leben als Au Pair, aber es gibt noch zu wenige Einträge die sich mit dem Thema als solches beschäftigen. Hier nun ein trockener Fachbericht, der eher differenziert und kritisch ist als heile-Welt-hoch-preisend. 🙂
Es gibt schöne Tage und weniger schöne Tage. Es gibt Erfolg es gibt Niederlage. Es gibt Momente zum innerlichen Aufbrausen und es gibt Momente zum glücklich sein.
In der 8. Woche als Au Pair kann ich zwar nicht von Langzeiterfahrung sprechen, aber ich habe viel über die Prinzipien und Regelmäßigkeiten der Sache gelernt.
Die Wochen gehen übrigens um wie im Fluge, nicht zuletzt sei dies der Strukturiertheit der Familie gedankt.
Im Gespräch mit anderen Au Pairs bekommt man mit, ob man es gut hat oder nicht. Und mein Leben in der Familie ist gut, das vorweg.
In der Vorbereitung habe ich mir die Frage gestellt, wie die Schnittstelle zwischen Arbeitszeit und Freizeit aussieht wenn man doch rund um die Uhr mit der Familie lebt.
Meine Familie hat eine lange Au-Pair-Historie und somit bestehen Pläne für alles. Jede Woche und jeder Tag ist durchgeplant. Meine Aufgaben sind alle verschriftlicht und gleichmäßig auf die 5 Arbeitstage verteilt.
Demzufolge ist meine Pflicht als Au Pair getan, wenn die Aufgaben erledigt und die Eltern von der Arbeit heimgekehrt sind.
Danach darf es mir egal sein, wenn die Kinder zum Beispiel nicht auf die Eltern hören. Jetzt bin ich nur noch großer Bruder, da mein Arbeitstag um ist. Aber auch als großer Bruder versuche ich dann, eine sehr wichtige Lektion meines Lebens weiterzugeben: Hört auf eure Eltern, respektiert sie und ehrt sie! Bislang ernte ich dafür noch böse Blicke und Unverständnis der Kinder, aber sie werden irgendwann verstehen, was ich damit meine. Allerspätestens wenn sie selbst Kinder haben…
Ein großer Teil des Alltags sind die Mahlzeiten. Hier ist Pünktlichkeit und Perfektion gefragt, denn niemand will hungern, es gibt täglich feste Termine wie Sport und andere Aktivitäten und es sollen alle zufrieden mit der Mahlzeit sein. Nun gibt es hier Kinder, die dazu erzogen wurden alles zu essen, da aber solche die dies nicht tun. Ich bin mit letzterer Art beschenkt.
Vor allzu großen Anflügen von Kreativität sollte man sich fernhalten und sich genau in die einzelnen Wünsche bei den Zutaten und den Serviermethoden vertiefen um großes Geheule zu vermeiden.
Im Ernstfall beruhige ich mich aber mit folgende Gedanken:
– Es sind nicht deine Kinder.
– Du willst sie weder umerziehen, noch an den Grundsteinen der bisherigen Erziehung rütteln.
Natürlich bemühe ich mich, gute Werte zu vermitteln wo ich kann, aber am Ende des Tages bin ich doch nur ein Au Pair. Ich helfe den Eltern und bin für die Kinder da. Und das dank der Erfahrung meiner Gasteltern mit einem detaillierten Plan.
Ich bin nur das Gesicht eines kurzen Lebensabschnitts der Familie, danach werde ich auf die Ferne zusehen wie die Kinder aufwachsen.
Das Verhältnis mit den Gasteltern ist also eher professionell in meinem Fall. Auf der anderen Seite steht uns aber noch so manche Zeit miteinander bevor… 🙂
Die Kinder verstehen das Konzept von Arbeit und Feierabend noch nicht und so sehen sie mich den ganzen Tag als Au Pair an.
Bei den Kleinen ist es sehr interessant, bestimmte Verhaltensmuster zu beobachten. Morgens verbringe ich eine längere Zeit mit dem Jungen und an manchen Tagen ist es schwierig, ihn zur Erfüllung seiner Pflichten zu bewegen. Da er zu den sensibleren Kindern gehört, kapituliert er dann sehr schnell in Tränen und Eingeschnapptheit. An einem solcher Morgen fuhr ich ihn aufgrund des wintertypischen Regens mit dem Auto zur Schule und da gab er mir doch tatsächlich zum ersten Mal im Auto eine Abschiedsumarmung.
Ich war mehr als verdutzt.
Auch sonst gibt es nach strengen Ermahnungen immer noch eine Umarmung aus heiterem Himmel oder man darf erfahren, wie die Kinder anderen gegenüber für ihr Au Pair einstehen.
Als Au Pair kann man sich selbst als Mutter oder Vater ausprobieren, habe ich mal gesagt. Kann man auch, nur halt innerhalb der zuvor von den eigentlichen Eltern gesetzten Grenzen. Und das hilft dann in schwierigen Momenten über Hoffnungslosigkeit hinweg, so wie angenehme Erfahrung die Vorfreude auf eigene Kinder wachsen lassen.
Man weiß am Ende viel mehr über Erziehung und Familienleben als die meisten frischgebackenen Ehepaare/ Eltern.
Fazit: Au Pair sein ist eine anspruchsvolle Schule, arbeitgeber- und lernstoffbezogen. Am Ende darf dieses Zertifikat aber sehr wohl anerkannt werden.