Garderobe

Garderobe

Kleidung ist ein bestimmender Aspekt des menschlichen Phänomens. Und ich trage sie ja auch!
Ich schweife mal ein wenig aus:

Obwohl ich nicht gerade für einen schicken Kleidungsstil bekannt bin, erinnere ich mich an eine Zeit, in der ich doch tatsächlich Begeisterung für Klamotten empfand. Das muss so ungefähr in der Pubertät gewesen sein, wo Neugierde auf die sich erweiternde Welt, das Erfühlen des eigenen Potenzials und wilde Hormone die meisten Strömungen des Lebens vereinnahmen.

Trotzdem hatte ich immer meine guten alten Klamotten, mit deren Gefühl ich vertraut war.
Als Kind, so die Überlieferung, wollte ich nichts von einer neuen Mütze wissen und ich sah keinen Sinn darin, Schuhe anzuprobieren, die mir schon von außen nicht gefielen.

Es hat viele Jahre gedauert, bis ich von der Angewohnheit, meine aktuelle Brille oder Alltagsschuhe bis zum Zerfall zu tragen, hin zu einem Zwei-Paar-System und zwei Brillen gleichzeitig zur Auswahl gewechselt bin.
Ich kann sogar von dem neu gewonnenen Vorteil berichten, eine nicht lebensbestimmende Entscheidung zu diesen äußeren Aspekten treffen zu können, was mir jeden Tag einen kleinen Schub Selbstwirksamkeit beschert.

Wäre mir die Existenz von Modebewusstsein oder Geschmack nicht bewusst, würde ich wahrscheinlich auf Cargo-Hosen und Kapuzenpullis mit Taschen setzen. Sind Taschen nicht so unendlich praktisch, um alllle nützlichen Werkzeuge und Kleinode zu transportieren, die man in der großen weiten Welt so braucht? Und von Jacken gar nicht erst zu sprechen, den „Handtaschen des Mannes“! 😀
Je (be)greifbarer die Funktionen eines Kleidungsstücks sind, desto besser fühlt es sich an, es (an) zu haben.

Modularität ist auch etwas Herrliches! Je leichter sich alles im Schrank kombinieren lässt, desto weniger Gedanken muss man sich beim Anziehen machen.
Andererseits können manche Leute sich vielleicht gar nicht die Möglichkeit vorstellen, Shorts mit einem Pulli oder sogar Skisocken zu kombinieren – die coolsten Socken überhaupt, so vielseitig!
Farben sind schon eher Luxus, eine persönlichere Note, denn mein liebes Rot passt zu wenig anderen Farben. Ein weiteres Detail ist alles, was auf meinen Klamotten geschrieben oder abgebildet ist. Es gibt eine Marke, die groß meinen eigenen Namen trägt – ein No-Brainer bei der Kleiderwahl – aber ich entwerfe auch gern eigene Designs, die auf Klamotten gedruckt ihnen neben der Funktion immer auch Bedeutung geben.

Sich zu entscheiden, was man anzieht, ist schon schwer genug, aber mit einer widerspenstigen Taille sitzen manche Sachen oft enger als gewollt.
Aber neben der Tatsache, dass ich mein Outfit bekanntermaßen schlecht auf Wetter und Temperatur abstimme (Pullis sind einfach zu bequem), erkenne ich auch nicht die logische Option, engere Shirts gegen weitere auszutauschen, weil meine Garderobe größtenteils vorgeplant und nicht von Spontanität geprägt ist.
Das führt öfter zu Unannehmlichkeiten, als ich zugeben möchte.

Und warum werfe ich diese 10 Jahre alte Jacke nicht weg, die ich einfach noch nicht als abgetragen klassifizieren will?
Weil sie den wunderbarsten Klett hat, den ich zum Beispiel beim Einkaufen immer zum Stimming benutze.

Für Sensorik sind Klamotten immer relevant; da sollten sie uns doch wenigstens zu guten Gefühlen dienen, oder?

Mein Autismus ist echt

Mein Autismus ist echt

Dieser Artikel kratzt nur an der Oberfläche der dringlichen Frage: „Sollte ich diagnostiziert werden oder lieber nicht?“.

Und das ist der erste Punkt, den ich ansprechen möchte: Ein entscheidender Faktor ist, wie sehr die Angelegenheit pressiert. (unangebrachtes Wortspiel: wie sehr sie de-pressiert)
Für mich wurde es vor einigen Jahren so unerträglich, dass ich die Diagnose suchte. Aber für manch andere, die objektiv locker in alle Kriterien passen könnten, ist es offenbar nicht so dringlich – wenn es denn überhaupt eine Frage im Leben darstellt.

Der zweite große Aspekt betrifft Chancen und Herausforderungen. Zwei gegensätzliche Faktoren, die den Erfolg eines Lebens bestimmen, aber von unseren Entscheidungen ihnen gegenüber abhängen.
Eine offizielle Diagnose eröffnet bürokratischen Zugang zu spezialisierteren Hilfs- und Unterstützungsangeboten, deren Verfügbarkeit regional abweichen kann.
Nicht jeder Mensch, Arzt oder Arbeitgeber in meinem Umfeld versteht oder unterstützt den Veränderungsprozess, aber letztlich bleibt alles eine Frage des Verständnisses von Neurodiversität ab sich – und in der Gesellschaft sind wir da wohl noch nicht ganz angekommen…
Abstrakt ausgedrückt: Die Art, wie ich meinen guten Willen auslebe, mag sich verändert haben, aber der gute Wille selbst nicht. In einer perfekten Welt stünde das erst gar nicht infrage.

Diagnostiziert zu sein verändert nur einen Faktor: Die offiziellste externe Bestätigung dieses komplexen und tief gewurzelten neurologischen Phänomens.
Es ist an sich eine wundervolle Sache, sich wirklich mit einer Gruppe von Menschen verbunden zu fühlen, mit denen man so viel mehr gemeinsam hat als mit den meisten Menschen um sich herum, aber die rational starke Seite des Autismus lässt keine Gewissheit ohne die bestbekannte Quelle zu.
Früher dachte ich nur an Autismus, wenn ich schlechte Tage hatte, aber an den besseren Tagen polierte ich einfach wieder an meiner Rüstung und versuchte, mich in jede Form zu zwängen, für die es ein gutes Regelwerk zu befolgen gab.
Das ist vielleicht mein stärkster Punkt: Ich habe es mir jahrelang versagt, eine endgültige Antwort auf einen dringlichen inneren Kampf zu finden, und habe mich durch das alltägliche Minenfeld zu meinen Chancen navigiert, die niemals dem Schwierigkeitsgrad entsprechen konnten, auf dem ich lebte.

Wenn du eine Diagnose suchst und bekommst, wird daraus eine ernsthafte Verantwortung werden, deinem Wesen und deinen Bedürfnissen treu zu bleiben. Diese Verantwortung kann dein Umfeld aufmischen, alte Gewohnheiten abschaffen, perfektionierte Routinen zerstören und dir einen entzerrten Spiegel vorhalten, in welchem meine eigene Selbstprojektion nicht mehr zur jenigen Form passte, die ich nun zu sehen begann.

All diese Veränderung schmerzt und scheint mich von dem wegzuführen, von dem ich dachte, mein Leben solle so aussehen. Aber sollte mein Leben denn nicht von Weiterentwicklung, von gesunden Entscheidungen und davon handeln, mich selbst mal ernst zu nehmen, glücklich zu sein, um die Menschen um mich herum glücklich zu machen?

Auch wenn ich jetzt Veränderungen durchmache, hat mir meine Diagnose geholfen, in die richtige Richtung zu gehen und nicht länger an ihrer Echtheit zweifeln zu müssen. Und die Belohnung ist ein Leben, das wahrhaftiger, direkter und unmaskierter ist – genau so, wie ich es mag.

Erwachsen werden

Erwachsen werden

Ein Geheimnis, das ich lange nicht lösen konnte. Vielleicht noch wie ich erwachsene Dinge tun könnte, aber wie man so wirklich erwachsen wird – ein großes Rätsel!
Erwachsen sein, das ist doch die Aufgabe derjenigen, die schon erwachsen sind. Doch irgendwann, am Punkt des gefürchteten Wandels, habe ich mehr mit ihnen gemeinsam, als ich aufzuschauen gewohnt war.

Dennoch gibt es da alberne Erwachsene, strenge Erwachsene, respektable Erwachsene, I’oten, Vorbilder, wandelnde Warnschilder und komplexe Individuen, die die Pfade der Gesellschaft asphaltieren.
Als Mensch der Maske suche ich immer nach einem Ideal, einem roten Faden, dem ich folgen kann. Mit dieser Strategie habe ich viele Lebensbereiche gemeistert, zum Wohle oder Übel.
Aber wie man ein echter Erwachsener wird, das konnte ich nicht herausfinden – obwohl es scheint, als würden alle Menschen irgendwann zu solchen werden.

Doch dann fand ich es. Das, was einen Erwachsenen wirklich erwachsen macht, trotz unterschiedlichem Alter, Albernheit, Berufsstatus oder Familienkonstellation.

Es ist die Menge an Verantwortung, die man übernimmt.

Es ergibt schon Sinn, dass ein 16-Jähriger, der auszieht, erwachsener ist als ein 25-Jähriger, der sich noch unter dem liebesgedeckten Tisch der Eltern die Haxen wärmt. Und dieselbe Person kann auf der Arbeitsstelle erwachsen sein und zu Hause – ohne Verantwortungen – ein definitionsmäßiges Kind sein. Elternschaft selbst sollte wohl eine der größten menschlichen Verantwortungen mit sich bringen.
Manche Verantwortungen werden abgegeben, manche werden übertragen, manche liegen einfach herum, manche werden mehr, manche weniger hochgeschätzt.

Die allgemeingültigen Merkmale des durchschnittlichen Erwachsenen – sei es ein Defizit an Schabernack, dieses merkwürdige Ordnungsbedürfnis oder zweimaliges Überlegen – sind auch nur eine Reaktion auf die übernommene Verantwortung, welcher Art und an welchem Ort auch immer.

Doch Verantwortung betrifft nicht nur die Welt um uns herum. Es gibt einen oft vernachlässigten Teil im Leben eines Menschen, dem es ganz wohltut, wenn er mit gewissenhafter Verantwortung und Fürsorge gesalbt wird. Und das ist unsere innere Welt, die lebenslange Entdeckungsreise in unsere Tiefen und die Reaktion auf das, was wir dort vorfinden.

In den letzten Jahren hatte ich viel inneres Wachstum zu bewältigen, indem ich Verantwortung für das übernahm, was ich über meine Innenwelt herausfand.

Ein Kind bekommt seine Welt gebaut und baut im Gegenzug seine Welt. Um beim Weltenbau zu bleiben, musste ich irgendwann lernen, in der erwachsenen Welt zu leben, die ich in meinem Gehirn erschaffen hatte. Mit dem witzigen Twist, dass ich genau dieses Gehirn nicht in die große Gleichung einbezog.

Wäre es nicht dieses „verantwortungsvolle Handeln“ gewesen, in eben dieser Welt die hoch spezialisierten Vorteile und unvermeidlichen Grenzen des autistischen Gehirns zu einzuplanen?
Wenn ich das mal gewusst hätte… Oder wusste ich es vielleicht doch? Denn viele Elemente meiner inneren und äußeren Umgebung habe ich doch bereits autismusgerecht gestaltet.
Aber passen diese zu den Standardanforderungen an einen objektiv Erwachsenen? Oder passen sie eher zu den Eigenschaften eines kindlichen Lebens?
Um dieses Rätsel immer wieder zu knacken, erinnere ich mich gern daran, dass Erwachsensein keinen anderen Maßstab hat, als einzig die Menge an Verantwortung, die bequem auf meinen Schultern ruht.

Und oh, wie sehr bin ich da in letzter Zeit herangewachsen!

Wir müssen nicht erwachsen sein, um unser Potenzial zu erreichen – wir brauchen nur die Verantwortung für unser eigenes Potenzial übernehmen, um wirklich erwachsen zu sein.

Schwer

Schwer

Aufstehen ist schwer, Frühstück machen ist schwer, Termine merken ist schwer, nach draußen gehen ist schwer, sich für etwas Gesundes entscheiden ist schwer, wach zu bleiben ist schwer, vom Nickerchen aufstehen ist schwer, Freunde treffen ist schwer, Termine vereinbaren ist schwer, schreiben ist schwer, Fotos machen und entwickeln ist schwer, einen Film anschauen ist schwer, duschen ist schwer, ein Story-Spiel spielen ist schwer, sich daran erinnern Wasser zu trinken ist schwer, einkaufen ist schwer, atmen ist schwer…

Das ist in der Tat sehr subjektiv! Was schwer ist – und was nicht – variiert stark von menschlichen Erlebnissen zu menschlichem Erleben.

Oftmals scheint es ein großes Kompliment zu sein, wenn man etwas leicht aussehen lässt. Ein Videospiel zu beenden wird als ehrenvoller angesehen, je höher die gewählte Schwierigkeitsstufe ist, und das Fahren mit Schaltgetriebe trennt die Fahrer der Straße.

Je größer unser Können, desto weniger Dinge sind schwer. Das wird sich mit dem Alter und den Erfahrungen verschieben, aber für jede Person, unabhängig vom Alter, wird es immer Dinge geben, die schwerer und leichter sind.

Nur sind wir nicht immer ganz ehrlich über das Ausmaß der Schwere; sei es, um vor anderen oder gar vor uns selbst als stark zu erscheinen.
Eine ziemlich fortgeschrittene Methode, die ich nicht im Geringsten beherrsche, ist, überhaupt nicht an die aktuelle Sache zu denken. Denn das macht die Wörter leicht und schwer irrelevant, bis hin zum rein physischen Level.
Da es universell schwerer ist, überhaupt mit etwas anzufangen, gewinnen wir andere auf unsere Seite, indem wir die Schwierigkeit herunterspielen: „Ist ganz einfach!“ wird vor allem Kindern öfter zugerufen als Erwachsenen. Aber wir lernen recht schnell, dass der schwerere Weg mehr an Belohnung bringt, besonders in Bezug auf die Anerkennung durch andere, und dieselben werden es uns ganz sicher auch so sagen.

Bei produktiven Unterfangen geben wir uns jede Mühe, Dinge leichter und nicht schwerer zu machen.
Wenn wir nun unser Leben als produktives Unterfangen betrachten, erscheinen wir erfolgreich, indem wir Leichtigkeit ausstrahlen, wo immer wir sind und was immer wir tun. Wenn wir hingegen mit harten Zeiten kommen, haben die Menschen es schwerer, sich damit zu beschäftigen, Probleme zu lösen oder einfach dem ausgesetzt zu sein.
Aber keine Sorgen, das kann auch auf seine Weise belohnend für die Beteiligten sein und es macht es ja auch leichter für uns.
Wie weiter oben angedeutet, können wir die Wahrnehmung von Realität etwas dehnen, um uns selbst (und andere) von Leichtigkeit oder Schwere zu überzeugen (ich halte mich von Letzterem gern fern). Aber wenn die Motive dahinter edel sind, verursachen wir keinen Schaden, wenn wir unserem Umfeld luftige Märchen von Leichtigkeit geben. Das wiederum bis zu einem gewissen Punkt.

Das habe ich immer im Leben angestrebt: Alle um mich herum sollen es leicht haben. Mit mehr oder weniger Erfolg habe ich mir einen Zustand scheinbarer Leichtigkeit erarbeitet, und so kennen mich die Leute.
Bis ich meine eigene Wahrnehmung nicht mehr weiter dehnen konnte.
Bis ich den Schmerz bemerkte, diese Leichtigkeit nur nach außen zu zeigen.
Bis ich keine Energie mehr hatte, um meine glänzende Rüstung zu tragen.
Weil mehr Dinge für mich schwer sind, als ich zugegeben habe.

Eines der schwersten Dinge in diesem Prozess der Veränderung ist, es zuzugeben. Zuzugeben, dass man tatsächlich Schwierigkeiten hat, und noch viel schlimmer: Dass man schon lange Zeit Schwierigkeiten hatte. Und dass man trotz alledem immer noch allen Beteiligten am eigenen Leben ein leichtes Leben machen möchte, halt nur nicht mehr so, wie es früher mal war.

Es gab eine Zeit, in der ich als gut komponierter Mensch funktionierte, aber jetzt fühlen sich sogar nach reiner Logik triviale Dinge wie eine tägliche Herausforderung an. Oder waren sie es eigentlich schon immer? Wo habe ich dann die Fähigkeit verloren, sie zu stemmen?

Ein Erwachsenenleben zu führen und gleichzeitig am Ende seiner Energie zu sein, nimmt alle Stoßdämpfung mit einem Schlag weg und ich spüre nun alles.
Warum sind all diese Dinge schwer?
Weil ich die Zusammenhänge verloren habe; für die Dinge, die mich innerlich am Laufen hielten, für die Dinge, die einfach so da sind und die man nicht identifizieren kann, bis sie dann fehlen.
Nenne es Autismus oder „wie ich funktioniere“, ich habe immer sehr grundsätzlich über meine Gründe, meine Antriebe, meine Motive, meine höheren Ziele nachgedacht. Ich kann nichts „einfach so“ tun, das ist unerträglich.

Waren es also die engen Routinen, war es täglich zur Arbeit zu gehen, das Leben im gemütlichen Hotel Mama™, die Reste der Energievorräte aus den vergangenen Jahren oder eine Mischung aus alledem, die mir half, mein Leben aufrechtzuerhalten?
Die Frage für dieses Jahr lautet: Wie stelle ich in meinem Leben wieder eine gesunde Ordnung her und wie lebe ich ehrlicher und leichter mit mir selbst und mit euch als den Menschen um mich herum?

Glücklicherweise darf ich viel Unterstützung, Liebe, Mitgefühl und auch noch Hoffnung erfahren. Diese ergeben eine fruchtbare Umgebung für Sir Oliver, to Evolve! ❤️

KI

KI

Wir sind umgeben mit diesem Buzzword. Es macht alles so viel leichter, besser, schneller!

Ohne künstliche Intelligenz scheint es heute nicht mehr weiterzugehen und große Mengen natürlicher Intelligenz werden eingesetzt, um die künstliche Intelligenz so natürlich wie möglich zu machen.

Aber warum begeistere ich mich für gerade so ein Thema, wo ich hier doch sonst hauptsächlich über das Erleben des Lebens mit Autismus berichte?

Weil ich, je mehr ich davon höre und selbst mit KI experimentiere, mich selbst darin erkennen kann.

Ohne einen klaren Auftrag ist KI nutzlos.

Im Grunde ist das wie jegliches Computerprogramm. Es wird aus einem bestimmten Grund erschaffen und jede Routine hat zumindest am Anfang eine Aufgabe.

Die Ein- und Ausgabeschnittstellen sind definiert und nur mit einer ordentlich definierten und brauchbaren Anfrage funktioniert Software, funktioniert KI, funktioniere ich.

Wenn ich nicht irgendeinen Anlass habe, etwas Bestimmtes oder überhaupt irgendetwas zu tun, liege ich da. Einige Hardwaretrigger sind zwar eingebaut, aber auch die werden weniger zuverlässig von ihren Softwaremethoden abgeholt als mir lieb ist.

 

Ohne irgendeine grundlegende Programmierung kommt KI nicht aus.

Wir stellen es uns so einfach vor, dass KI „von selbst“ denkt. Aber alleine die Existenz derselben beruht ja schon mit gewisser Zielsetzung und einem Zweck.
Wir gruseln uns sogar, wenn sich KI diesem Zweck zu widersetzen scheint oder gar über unseren Verstand hinaus agiert. Jedoch würde sie es nie tun, ohne dass sie einen Anlass dazu hätte oder darauf vorbereitet und gelehrt worden wäre, sich diese Handlung anzueignen.

Meine Programmierung wurde durch meine Eltern, meine Familie, die Schule mit ihren Lehrern und Schülern, die Arbeitsstellen, Freunde, Reisen und den daraus resultierenden und inkrementell aufgebauten Wissensschätzen vorgenommen.
Dazu gehört auch, dass ich gelernt habe, eigenständig zu lernen und somit meine eigene Software immer weiterentwickle, die sowohl mit meiner Hardware, als auch mit den Schnittstellen nach außen kompatibel sein soll. Spagat und Paradoxon in einem, so kommt es mir oft vor!

 

Ohne dass bestimmte Regeln vorgegeben wurden, wird KI immer den einfachsten Weg nehmen.

Entweder durch den Programmierer oder durch den Anwender (wenn das so einprogrammiert wurde) kann KI sich an gewissen Leitplanken orientieren, um die Lösung möglichst auf die Vorlieben menschlicher Anwender auszurichten.

Andernfalls bekäme man im KI-Chat nur knappe Sätze oder ewig lange Abhandlungen und keine freundlichen Antworten im selben Ton, wie Menschen es gerne haben.
Dabei scheint es, als wäre die Form der Antwort höherwertig als der bare Inhalt. Klar, anders würden Menschen das auch nicht verstehen und darauf kommt es in erster Linie an.

Von sich aus würde auch keine KI lügen, denn dieses Konzept ist rein menschlich und trotz des zusätzlichen Rechenaufwands scheint es in der Gesellschaft dazuzugehören. Und hier wird es auch widersinnig, dass die Regeln für diesen Regelbruch kaum greifbar sind.

 

Ohne Quellen hätte KI keinen Sinn, denn auf irgendeiner Grundlage basiert jedes Wissen.

Wir kennen es so, dass mancher KI-Dienst direkt die Quellen nennt, aus der Inhalte wiedergegeben werden.

Mir werden Fragen gestellt, wie „Wie siehst du die Welt?“ oder „Wie funktioniert dein Alltag?“ oder „Warum machst du das so?“ und bei denselben (und im Grunde bei jeder anderen Frage) habe ich schon so lange umfassende Antworten geben können, wie mich alle Fragen beginnend mit „Warum“ beanspruchen.

Ich beziehe mich stets auf meine interne Enzyklopädie, die ich mein Leben lang füttere. Wobei ich mit der Zeit so wählerisch bei der Wahl der Wissensquellen bin, sodass ich lieber „sichere“ Informationen sammle (einst Automodelle, Handys oder geografische Fakten, heute allerlei technische Informationen) als die wechselhafte und emotionsgeladene menschliche Informationswelt zu Rate zu ziehen.

Das gebietet der Faszination an genau diesem Unbekannten und an der Königinnendisziplin aber keinen Einhalt, denn mithilfe von Knigge, Carnegie und viel Beobachtung konnte ich auch in menschlich-sozialen Bereichen allerhand Skills aufbauen.

Und dennoch wird bei meinen Äußerungen immer wieder „nicht hilfreich“ angekreuzt, was mir Anlass zum Überarbeiten meines Algorithmus gibt. Wenn „alles okay“ zurückgemeldet wird (auch wenn das unterm Strich weitaus öfter geschieht), besteht kein Grund zur weiteren Verbesserung und ich kann meine Energie woanders investieren.
Daher kommt auch der nervige Fokus auf „das Negative“, weil bei positiver Rückmeldung nichts weiter zu optimieren ist und es schon so passte. Das beobachtet man bei vielen Menschen.

 

Was ganz was anderes: Menschliche Identität und Persönlichkeit

Weiß KI, wie ein Mensch fühlt? Woher weiß KI, wie eine Antwort einem Menschen gefällt? Wie „sieht“ KI den Anwender?
Kann ich erwarten, dass die KI andere Antworten gibt als solche, die auf den Quellen und Kommunikationsvorgaben beruhen?

Der Programmierer füttert die KI, aber wird ein Anwender jemals fordern können, dass die KI „sie selbst“ sein kann?

Lost in Abstraction

Lost in Abstraction

In der Programmierung ist sie nicht mehr wegzudenken, Brettspiele wären ohne sie undenkbar, Kunstwerke sprichwörtlich eindimensional und selbst unsere Gedankenwelt könnte ohne sie wohl nicht eines vom anderen trennen.

Mein Leben besteht aus unzähligen Momenten, in denen ich mich angesichts der vorherrschenden Regeln unangemessen verhielt und trotz besten Wissens Unanständiges sagte oder tat.
Warum traf ich denn nicht ins Schwarze?
Weil ich mich in meinen Abstraktionsschichten verlor und in einer somit abweichenden Realität landete, die bis dahin lupenrein alle Häkchen setzte, aber dennoch nicht alles beinhalten konnte, was die menschliche Intuition abdeckt.

 

Was ist Abstraktion?

Eine Abbildung von etwas, welche dieselbe Sache auf bestimmte Grundzüge reduziert.
An der einen Seite befindet sich das konkrete und eindeutige Ding, auf der anderen Seite die für das Vorgehen wichtigsten Merkmale. Oft sind es mehrere Abstraktionsschichten, sodass die Merkmale immer weniger und gleichzeitig immer wichtiger werden.

Bevor wir nun jeden Impuls als einzigartig neue Information ansehen und verarbeiten, bauen wir uns eine Bibliothek aus geschachtelten Schubladen auf, die uns dem Sachverhalt schneller nähern lassen.
Das ist nicht fehlerfrei und bedarf stetiger Anpassung und Feintuning, aber es hilft mehr als dass es Aufwand bedeutet. Jeder Mensch tut dies mit jeder Information von Natur aus; jedoch mal mehr, mal weniger.

 

Was bedeutet Abstraktion für mich?

Diese Trennung, Unterteilung und schrittweise Generalisierung von Information kommt der rationalen Eigenschaft meines Gehirns gerade recht. Denn als Hyperfühler habe ich schnell gelernt, dass ich den leider öfter unwillkommenen Gefühlsregungen auf diese Weise Ketten anlegen kann.

Das funktioniert als Kundenservicemitarbeiter gut, um einen Wutausbruch gar nicht erst an sich heran zu lassen, aber auch als Kollege, um eine angenehme Haltung zu wahren.

Bisher habe ich mein Abstraktionsvermögen als etwas angesehen, das ich gut kann und was mir weiterhilft.
Aber dass ich mich immer weiter und weiter von meinen eigentlichen Bedürfnissen und Gefühlen entfernt habe, nur um den Regeln meines Umfelds konform zu sein, ist mir viel zu spät aufgefallen.

Während ich selbst diese Abstraktionsschichten ganz bewusst erlebe und einsetze, scheint der Großteil der Menschen dieselben intuitiv und sogar automatisch zu bedienen.

 

Wie funktioniert Abstraktion?

Anhand der nachstehenden (abstrahierten) Grafik zu Emotionen im Berufsalltag möchte ich beispielhaft zeigen, wie Abstraktionsschichten mein Inneres von äußeren menschlichen Einflüssen trennen und wie ich mir vorstelle, dass das ja in beide Richtungen funktioniert:

 

Das ist doch toll, oder?

Das ist supertoll, solange beide Parteien zueinander finden und das gute Gefühl auf Wahrheit beruht.

Während ich selbst aber meine Abstraktionsschichten bewusst bediene und die Wahrheiten immer herleiten kann (auch wenn das gewohnheitsgemäß viel Energie benötigt), scheinen viele Lebewesen um mich herum deren Gefühle sehr viel ungefilterter einzuordnen.

Selten finde ich mich persönlich in der Position, meine Gefühle unvermittelt durchzulassen oder etwas „einfach mal so“ zu unternehmen. Nein, ohne meine Abstraktionsschichten bin ich zu schnell überwältigt, wofür ich wiederum einen ganz besonders abgesicherten Raum brauche, bevor ich das zulasse.

Die Darstellung lässt vermuten, dass ich mit mir selbst nur selten direkt verbunden bin und das kann ich bestätigen: Es ist ein autistisches Lebensgefühl.

Hinter dem vielschichtigen Schutzwall bin ich zwar sicher vor direkter Berührung mit der Außenwelt, aber es ist dadurch nicht gewährleistet, dass Signale bei mir so ankommen wie gewünscht, oder dass meine Signale so aufgenommen werden, wie von mir gedacht.

 

Was ist nun echt?

Echt ist das, worauf wir uns einigen.

Nur kann dies auf unterschiedlichen Ebenen der Abstraktion stattfinden. Ansonsten würden wir uns bei der Frage „Wie geht es dir?“ unsere Lebensgeschichten erzählen oder zu Ironie und Sarkasmus gar nicht erst fähig sein.

Letztere werden autistischen Menschen immer noch abgesprochen, aber das liegt nur daran, dass wir dort noch nicht genügend Abstraktionsschichten gefunden haben.
Wenn die erst einmal in Betrieb sind, sind es oft alle anderen, die unseren Humor und die verqueren unangemessenen Dinge nicht begreifen können.

Was dann hilft, sind Übersetzer oder Hilfe in Form von Geschwistern, Freunden und Fürsprechern.
Denn wo wahres Verständnis gelebt wird, wird man sich schnell einig und das fühlt sich wirklich, echt und unverdünnt gut an.