Was bleibt, wenn du gehst?

Das Leben ist eine Reihe von Abschieden

Wir sehen Orte, Momente und vor allem Menschen nur so an unseren Augen vorbeiziehen. Manche bleiben eine Weile, manche kommen sogar wieder und manche können wir gar nicht so lange halten, wie wir es eigentlich wollten.

Diese Elemente formen unser Leben und machen uns zu Menschen. Sie erinnern uns an die Natur des Lebens.
Jeder Moment, jeder Ort, jeder Mensch, jedes Erlebnis hinterlässt eine einzigartige Spur in uns. Das alles bestimmt einen großen Teil unserer Persönlichkeit und lässt uns folglich auch andere beeinflussen.

Ganz gemäß dem alten Sprichwort „Man weiß erst, was man hatte, wenn man es nicht mehr hat.“, möchte ich den Fokus auf exakt diese Zeitspanne lenken. Aus der eigenen Perspektive, wohlgemerkt, und unabhängig davon, ob wir eine Rückkehr planen oder nicht:

Auf die Zeit, wenn wir gegangen sind.

 

Vermisst zu werden ist ein großartiges Vorrecht

Weil unsere gesamte Natur endlich ist, halten wir an angenehmen Dingen so lange wie möglich fest.
Denn letztendlich wird der Wert von etwas oder jemandem daran gemessen, wie begehrenswert es ist, wenn es dann fehlt.

Es kann eine harte Wahrheit sein; wenn wir merken, dass wir etwas doch nicht so vermissen wie erwartet oder wenn wir etwas auf einmal vermissen, nach dem wir es zwar zum Greifen nah, aber aber doch ignoriert hatten.
Zu vermissen ist wahrscheinlich die ehrlichste Art der Anerkennung, aber nur zu selten bekommt die andere Partei davon etwas mit.

Wir werden uns alle einig sein, egal wie sehr es auch schmerzt, dass wir unser Leben lieber mit Dingen füllen würden die wir vermissen, als mit Dingen die wir gar nicht vermissen werden.

 

Was trägst du zur Tafel bei?

Ich bin ein Fan von Selbstreflektion und von unserer Fähigkeit, unser Leben aktiv zu formen.

Denken wir einmal darüber nach: Was lassen wir zum Vermissen übrig, wenn wir gegangen sind?
Und dabei meine ich nicht das Abscheiden aus dieser Welt, sondern auch das Verlassen des Arbeitsplatzes, einen Umzug, das Ende einer Freundschaft, die Abreise aus dem Urlaub oder die Heimkehr nach einem Besuch.

Nichts besteht für immer. Das soll es ja auch nicht.
Solange wir aber Teil einer Gleichung sind, können wir uns entweder vermissenswürdig machen oder keinen besonderen Eindruck hinterlassen oder schlimmer gar.

Das ist etwas, was nicht immer in unserer direkten Macht steht, sondern von uns selbst abhängt, von der jeweiligen Umgebung und der speziellen Situation.
Und es geht dabei stets um die andere Person. Wir können uns nicht selbst vermissen. Nur andere vermissen andere.

So sehr sich auch unser Leben um uns selbst zu drehen scheint, werden wir einmal gehen müssen.
Und was ist dann übrig?

Es sind die Dinge, die wir zur Tafel beigetragen haben. Unsere Einflüsse auf andere, unsere Spuren, die das Leben der anderen formen werden und sie wiederum weitere Leben beeinflussen lassen werden.

 

Was lassen wir zurück?

In jedem Leben gibt es bestimmte Bereiche, die wir am meisten beeinflussen.

Die häufigste Möglichkeit liegt dabei auf unserer Familie, auf die wir Einfluss haben. Schon als Kind können auch kleine Entscheidungen dazu beitragen, diese Einheit zu formen. Und vielleicht erweitern wir eines Tages unsere Familie mit Zuwachs und erschaffen so eine Kette von Entwicklung und Einfluss.
Für manche ist es aber der Job, die Besitztümer, die Dinge, die sie abgehakt haben.

Also: Haben wir Glück erzeugt? Waren wir konstruktiv? Sind wir dem treu geblieben, woran wir glauben? Haben wir unser Wort gehalten? Haben wir andere inspiriert? Haben wir geholfen? Haben wir unsere Welt, in der wir leben, für die die mit uns darin leben zu einem besseren Ort gemacht?

Ein wenig ägyptische Zeit

Hätte ich jemals gedacht, mich dieses Jahr in Ägypten wiederzufinden?

Nein. So gar nicht!

Die Einladung kam gerade mal vor einem Monat, als meine Cousine ihre Verlobung ankündigte und ein paar Freunde dabei haben wollte. Und da habe ich nur gerne zugesagt!

Wir hatten eine wundervolle Zeit in Kairo und konnten so einiges lernen. Ein paar Lektionen versuche ich hier zu transportieren.
Außerdem Bilder:

 

 

Lektion 1: Ein Tourguide ist Gold wert

Ein fremdes Land hat so seine Fallstricke für uns blauäugige Touristen. Es ist also recht fundamental, einen guten Ratgeber zu haben, wo man hingehen sollte und was man lieber nicht kaufen oder sich anhören sollte.

Wir hatten solches Glück in dem Verlobten meiner Cousine und einer denen bekannten Stadtführerin, die uns durch das Dickicht der Stadt führten und nur die besten Souvenirs empfahlen. Und einige davon waren sehr wohl essbar.

 

 

 

Lektion 2: Ägyptische Zeit

Diesen Ausdruck erlernten wir, als es Zeit für Treffen war und sich mit den Einheimischen in Verbindung zu setzen.

Er spiegelt einfach nur die entspannte Einstellung der Leute wieder, die wir Deutschen immer so bewundern. Das Leben is geschäftig, jeder hat seine eigene aufregende Geschichte zu leben und so kann es dazu kommen, dass manche Dinge sich die halbe Stunde gedulden müssen.

 

 

 

Lektion 3: Verkehr

Auf den ersten Blick: Chaos! Hupen, dichtes Auffahren und im Grunde keine Regeln denen man Folge leisten könnte.

Wir Deutschen sind es nur gewohnt, die strengen Regeln des Straßenverkehrs zu befolgen und das ist uns angenehm. Also ist das hier etwas neu, kann aber durchblickt werden.
Was ich gelernt habe: Diese Autofahrer sind alle verbunden! Nicht durch anonyme und allumfassende Regeln, nein, sondern nur durch die Kommunikation.

Jedes Hupen und manchmal Rufen ist dafür da, die anderen über sein Vorhaben zu informieren und die engen Fahrmanöver zu ermöglichen. Und mit eng meine ich sehr wenige Zentimeter!

Zu Fuß muss man schon etwas wagemutig sein wenn man die Straße überqueren möchte. Aber man kann den Fahrern vertrauen: Sie sehen dich und du solltest sie auch sehen!

 

 

 

Lektion 4: Zuckerrohsaft! (oder: Essen!)

Seit dem ich Südostasien verließ, habe ich mein Lieblingsgetränk vermisst: Frisch gepressten Zuckerrohrsaft.

Und als ich erfuhr, dass mein überaus glorifiziertes Getränk auch am Nil serviert wird, frohlockte ich nur so und unternahm alles, um es so oft wie möglich zu mir zu nehmen!
Und obgleich Erwartungen so eine Sache sind: Es konnte meinen eigenen sehr gut standhalten und ich werde weiter danach lechzen.

Aber auch darüber hinaus haben wir bei der lokalen Küche ordentlich zugeschlagen und frisches, heißes, fluffiges, süßes und salziges probiert und all diese Momente in die guten Kategorien im Kopf geordnet.
Und gerade in dem Bereich macht sich ein hiesiger Stadtführer sehr gut.

 

 

 

Lektion 5: Ab nach oben!

Es ist schön und gut, in den Straßen herumzulaufen, aber die Aussicht auf eine riesige und lebendige Stadt ist einfach anders von oben!

Und es fühlte sich nicht wie von dieser Welt an, die berühmten Pyramiden aus der Ferne zu erspähen. Sogar von Flugzeug aus!

 

 

 

Lektion 6: Shukran

Man kann von einer Sprache, die der eigenen sehr fern ist, kann man auf einer kurzen Reise nur wenige Ausdrücke aufschnappen.

Die wichtigste war „Shukran“, was das Wort für Danke ist. Wir haben sehr viel Großzügigkeit und Liebe erfahren dürfen und lebten in einer weniger touristischen Gegend, sodass der Ausdruck von Dankbarkeit ein wichtiger Bestandteil unserer Kommunikation war.
Kombiniert mit der Geste, sich die rechte Hand aufs Herz zu legen, fühlte es sich natürlich an und als ob man Teil einer Gesellschaft ist, die der bekannten noch so fern ist.

Und Dankbarkeit ist der rote Faden in dem gesamten Erlebnis, von Anfang bis Ende!

Licht im Osten

Schon ist ein Monat wieder fast vorbei und ich habe viel gereist!

Eine Reise passiert in meinem Kopf: Mit allen neuen Eindrücken, alten Erinnerungen und jedem Schritt, den ich in die Zukunft mache.

Die andere findet auf der Straße statt, die mich zu den wunderwärtigsten Orten führt. Und da sich das deutsche Benzin gerade so eher im teureren Segment befindet, entschloss ich mich zusätzlich zu ein paar Reisen in die nahegelegenen Staaten.

 

Tschechische Republik:

Polen:

Deutschland:

Das Ende des Archivs

Sich mit seinen eigenen Taten zu überraschen ist ein seltenes Phänomen, zumindest für mich.
Die meiste Zeit meines Lebens habe alles darangelegt, Dinge zu erhalten und meine Habschaft und Routinen und „mein Zeug“ zu schützen.

Mein nostalgisches Ich würde nie geliebte Schätze wegschmeißen. Neeiiin mein Herr! Das würde ja womöglich den materialisierten Verlust einer Erinnerung bedeuten oder gar schlimmer: Die gefürchtete Situation, wo man etwas braucht was man nicht mehr besitzt.

All so ist mein Archiv dann gewachsen. Alles, was ich je mein Eigen genannt habe, lagerte ich ein. Manches nicht allzu lange, auch ersetzte, verkaufte oder entsorgte ich manches manchmal.
Aber ich hielt stets meine Hände über die alten Schätze, noch aus Grundschulzeiten und sogar noch von davor. Sowas kann man doch einfach nicht wegwerfen!

Von allen Dingen die ich besitze, war das immer so eine Art Bodensatz. Dinge die einfach so da waren, mit verblassenden Erinnerungen belegt und die VIEL Platz in Schränken und Schubladen einnehmen.
Aber es war schon recht beruhigend, weil ich immer wusste dass ich Gesuchtes auch finden würde, denn weggeworfen könnte ich es ja nicht haben. Nur das Finden war ein Vorgang für sich, denn diese Art Archiv war nicht sonderlich gut sortiert…

So habe ich dann auch mein Zuhause verlassen, um ein halbes Jahr woanders zu leben. Ich packte meine Sachen, die ich brauchte und habe nur die großen Dinge zurückgelassen, wie das Heimkino und alle Möbel. Zusätzlich auch den Bodensatz, den ich ja auf der Reise nicht gebrauchen konnte.

Es ergab sich so, dass ich für ein Wochenende doch wieder zurückreiste.
Komisches Gefühl, nachdem man sich verabschiedet hatte doch wieder zurück zu sein. Es war schön. Und da ich ein wenig freie Zeit zur Verfügung hatte und ohnehin noch ein paar Dinge mitnehmen wollte, schaute ich so mein Zeug an und mir dämmerte es langsam: Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt, mir mein Zeug mal WIRKLICH anzusehen.

Weil alle Sachen auf der anderen Stelle schon bewiesen hatten, für ein gutes Leben auszureichen und da ich noch einen halben Tag Zeit hatte, machte ich mich ran.

Ich habe einfach alles, was in meinem Besitz war, aus Schränken, Regalen, Kisten und dunklen Ecken hervorgeholt.

Als ich angekommen war, war mein Zimmer noch so sauber wie nie.
Jetzt herrschte aber die größte Unordnung! Absichtlich nur, denn das war MEINE Unordnung, und ich wollte diese in der begrenzten Zeit zu Hause aufräumen.

Eine Person besteht aus mehreren Elementen, von denen eines die materiellen Besitztümer sind. Die Natur dieser Dinge definiert dabei einen Teil der Natur dieser Person.
So oft ich auch während meiner Reise, meiner Entwicklung und meiner persönlichen Reise Elemente meiner Vergangenheit wiederentdeckte, so sehr hielt ich aber auch an den Dingen fest, die mir vor Zeiten einmal wichtig waren.
Aber manchmal kann es sehr befreiend sein, von Dingen loszulassen.

Nur selten fliegen Stunden so schnell wie in solchen Momenten.
Dazu fühlte es sich an wie eine Zeitreise! Und weil ich wusste, dass ich diese Dinge nicht für mein Leben brauchte, war ich in einer fruchtbaren Stimmung des Wegschmeißens.

Am Ende waren es zwei Müllsäcke voller Erinnerungen und über 20 Kilo Papier, die in die Tonne wanderten.
Manche Sachen gingen in den Spielzeugpool meiner Neffen und Nichte über, eine sehr kleine Anzahl von Dingen behielt ich und so manchen Schatz überließ ich Papa, für die Werkstatt oder doch zur Entsorgung. 

In der Nacht konnte ich kaum schlafen, denn mein Kopf war noch ganz beschäftigt die Übermaßen an Eindrücken zu verarbeiten, die ich ihm aufgetischt hatte.
Aber eine Sache war im Vordergrund: Erleichterung! Ich würde nicht nur in einen aufgeräumten und piekfeinen Raum zurückkehren, sondern weiß jetzt auch über jedes Ding, was ich besitze Bescheid, ohne dass es eine verklumpte Masse ist – ein schwerer Bodensatz eben.

Bonus: Jetzt kann ich endlich die Reise-Shampoos aufbrauchen und die Popcorn-Kerne und die Dosen Jackfruit, die ich mal im Orakel fand!

Viele Leute machen sowas schon regelmäßig, was eine wunderbare Gewohnheit ist!
Aber ich hatte immer Angst davor. Meine Vergangenheit rauszuschmeißen schien so bedrückend und nie standen die Sterne dafür so günstig wie an diesem Wochenende.
Nun wird es einfach sein. Weil die Dinge, die ich aussortiere, eben nicht uralt oder nostalgisch wertvoll sein können.

Eigentlich habe ich das in anderen Bereichen schon angefangen, in den letzten Wochen.
Meine Ordner auf der Festplatte meines PCs sind nun sortiert und all meine digitalen Sammlungen und sogar auf Arbeit kann ich diese dankbare Aufgabe ausführen.

Es tut wohl, einmal wirklich Klar Schiff zu machen und den Blick in die Zukunft zu schärfen, da es nun einen ganz bestimmten Flecken weniger gibt, auf den man zurückschauen kann.
So hat der Name meines Blogs wieder einmal Recht bekommen: Sir Oliver Evolves!

Kaltstart

Ein Monat geht schnell vorbei.

Schneller noch, wenn man jeden Tag neue Erlebnisse hat. Und dieser Monat ist keiner von solchen, deren Zeit verschwendet ist, ganz im Gegenteil.
Ich glaube, ich habe sehr viele Dinge in gewisser Weise zum ersten Mal gemacht und habe unerforschte Pfade in meinem Kopf einschlagen können.
Das ist vielleicht der Schlüssel zur Zeit: Je mehr Erinnerungen man hat (also erinnerungswürdige Momente), desto mehr hat man die Zeit ausgekostet.

Es ist aufregend, an einem neuen Ort zu leben und das Leben um neue Gegebenheiten herum zu bauen. Und ich muss schon sagen: Diese Gegebenheiten sind sehr fein und dafür bin ich dankbar.

Und trotz dem dass ich in einer neuen Stadt wohne, bin ich nicht annähernd so viel draußen gewesen, wie ich gewollt hätte.
Das liegt nämlich and der Kälte und and dem Grau, die mich draußen empfangen. Aber dennoch habe ich einige Spaziergänge gemacht und es sehr genossen bis jetzt.

Ich habe mich sogar der Tortur ausgesetzt, meine Hände aus den Taschen zu nehmen und an die Kamera zu legen.
Leid und Schmerz waren es aber wert und das möchte ich heute mich euch teilen: 

Die Tage sind immer noch kurz, aber an manchen ist nach der Arbeit noch genug Licht übrig, um die Sehenswürdigkeiten rundherum zu erkunden.

Und oh, wie sehenswürdig die sind!

Ich habe auch wieder einen schönen Hügel vor der Haustüre und nachdem ich schon einmal im Dunkeln oben war, wusste ich, wo die schönste Aussicht bei Tag zu finden wäre.

Das hier ist für alle, die gerne zu den Sternen und darüber hinaus blicken.

 

Letztendlich hat mich der ungestüme Wind doch wieder hereingeweht, aber ich werde ihm gerne wieder für all das die Stirn bieten!