Oliver und die Obstbäume

Kapitel 1:

Unbarmherzig knallt die ungebremste Sonne durch das Ozonloch auf meine Schirmmütze. Sie tut ihren Dienst und hält meiner Kopfhaut den Sonnenbrand fern, sowie sie einen Großteil meines Schweiß‘ daran hindert mein Gesicht herab zu fließen. Dennoch löst sich ein Tropfen von meiner Augenbraue und hinterlässt eine fette Schliere auf dem Brillenglas. Egal, denn an dieser Stelle kommen wieder die angenehmen Gedanken auf; nämlich der Moment als ich dieselbe Mütze als Geschenk von meinem Bruder am letzten Weihnachtsfest in Deutschland erhielt. Hatte sie in weiser Voraussicht auf kältere Tage hier eingepackt und nun hält sie als Sonnenschutz her. Naja, ein bisschen stylischer sieht mein Spiegelbild jetzt auch aus. Win-win-win…

Ausdrücke spontanen Unbehagens bleiben unausgesprochen und werden als resignierendes Stöhnen über meine Lippen gepresst als ich unter dem Baum hervor krieche wie Gollum (nicht so wichtig, Oma). Will mich nicht an Ästen und halb reifen Äpfeln stoßen, aber auch nicht auf meine Knie niederlassen. Die sind diese Anstrengung nicht gewohnt und deshalb fühle ich sie intensiv als ich mich aus der Hockstellung aufrichte und in der Hitze zum nächsten Baum wanke.
Runter, Muskelkater, die Gummiseilkonstruktion zwischen Baum und weißer Folie befestigt, alles gespannt: Ja. Weiter. Meine mangels großer Auswahl schwarz gehaltene Arbeitskleidung lässt in Kombination mit der weißen Folie unter und mithilfe der Sonne eine gewisse thermische Situation entstehen, die den Kreislauf schwer beansprucht. Aber ich bin ja stark und ich bilde mir dabei ein, abzunehmen. Ihr habt eure Sauna, ich habe meine. Immerhin kommt von den 3 Litern Wasser noch nichtmal genug in der Blase an während eines ganzen Arbeitstages…

Die Reihe ist zuende. Ein Apfel lacht mir herzlich und mit geröteten Wangen zu. Da kann man doch nicht widerstehen… Während ich meine Zähne durch das von der Sonne aufgewärmte Fruchtfleisch grabe, denke ich darüber nach was mir zu der weißen Folie erzählt wurde. Sie reflektiert nicht nur das Sonnenlicht und lässt die unteren Äpfel rot werden, sie sorgt auch für einen drastischen Temperaturanstieg, welcher den Äpfeln in Verbindung mit der nächtlichen Kälte einen Reifeboost (oder -schub) beschert. Nun, das mit der Temperatur stimmt auf jeden Fall, das kann niemand abstreiten der stundenlang auf ihnen herumläuft.

Die Folienstücke sind bis zu 250m lang und bestehen aus grober Zeltplane. Macht ordentlich Hornhaut nach einer Zeit. Sie werden nach Bedarf in den langen Reihen ausgespannt und zur Ernte wieder eingeholt. Für die Aktion stehe ich hinten in einer großen Kiste, während sie von einem antik anmutenden Traktor mit Gabelstaplerfunktion die Baumreihe entlang gefahren wird. Es heißt stopfen und stopfen, egal ob man Schlammtortenstückchen wegen des Staubes im Mund hat oder ob die Folie klatschnass ist. Wenn das zweite Ende oben drauf liegt, kommt der spaßige Teil: Man setzt sich in das weiche Nest (natürlich nur, damit nichts wegfliegt) und die Kiste wird etwas abseits abgestellt. Eine halbe Minute Fahrtwind und hunderte reifer Äpfel ziehen verführerisch an einem vorbei…

Kapitel 2:

Ich mochte es immer mir nach der Gartenarbeit die Hände zu waschen. Es sah so nach harter Arbeit aus, wenn das Wasser sich im Becken braun färbte.
Nun stehe ich verschwitzt vor der Duschbrause und versuche den Code richtig anzuwenden (links, rechts, links, rechts, rechts). Endlich, meine Temperatur. Ich wende die Brause meinen Armen zu und bemerke das oben genannte Phänomen am Boden der Duschwanne. Wow, das ist mal Dreck. Nach meiner körperlich wenig anstrengenden Berufskarriere erfüllt mich in solchen Situationen so etwas wie Stolz, etwas geschafft zu haben. Ja, sogar mal richtig ‚gearbeitet‘ zu haben.

Ich lasse Duschgel und Shampoo in der Dusche zurück und gehe auf mein Zimmer. Im Hostel wäre das undenkbar, aber nicht in einer WG. Hier kennt man die Leute, hier hat man Vertrauen zueinander. Und die Schuldigsprechung ist in Zweifelsfällen auch unkomlizierter… Mein Raum ist für eine Person angemessen groß, ich habe mich auch schon eingerichtet. Seit ein paar Tagen wohne ich hier, am anderen Ende von Hastings, welches meiner Arbeitsstelle näher liegt.
Das Hostelleben und einige liebe Reisefreunde habe ich zurücklassen. Aber man kann sich ja immer noch in der arbeitsfreien Hälfte des Tages sehen… Über die Vorteile einer WG werde ich mich an anderer Stelle auslassen.

Nach einer entspannten Mahlzeit wende ich mich den Pflichten zu. E-Mails, Kreditkartenrechnungen, die Wäsche, Einkäufe, etwas Musik, ein gekühltes Getränk dabei und es geht beschwingt ans Werk.

Kapitel 3:

Tag 1. Ich habe an einem dürftigen Geschirr eine große Pflückertasche (Picking Bag) vor meinem Bauch hängen und pflücke meine ersten Äpfel. Es ist wichtig dass sie rot sind. Keine orangefarbenen oder braunfarbenen Töne, nein. Wir sind hinter den richtig rotbackigen her. Die Tasche fasst etwa 20 Kilo an Äpfeln. Die Äpfel sind vorsichtig zu behandeln, denn sie dürfen keine Art von Druckstelle erhalten. Das heißt dass sie in die Tasche gelegt (nicht geworfen) werden und auch mit höchster Vorsicht in die Kiste gelassen werden. Dafür gibt es am Boden der Tasche eine praktische Vorrichtung. Ein so genannter Bin soll gefüllt etwa 400kg wiegen… Es gilt, an einem Tag so viele wie möglich zu füllen. Über 2 konnte ich es aber nie bringen… Die Profis machen je nach Sorte und Umständen 5-12 am Tag voll.
Die Bäume sind jung, es wird keine Leiter benötigt. Am ersten Tag habe ich noch auf meine Ohrhörer verzichtet und musste mich auf die Stimmen in meinem Kopf einlassen. Es kann schon bald wahnsinnig langweilig werden und das Bild der einzeln gepflückten Frucht verschwimmt.
„In Neuseeland sind die Kirschen gigantisch, fassen sich an wie übergroße Radieschen und schmecken nach Apfelsaft.“ Das blieb auch der einzige Tag ohne externe Unterhaltung im Ohr.

Bald kam die Leiter dazu und auch die Apfelsorte die wegen besonderer Verwundbarkeit ohne Stiel in die Kiste muss. Das heißt: Nur die reifen, knallroten Äpfel pflücken, vorsichtig mit dem Seitenschneider (ließ Erinnerungen aus der Ausbildung wach werden) den Stiel stutzen und behutsam in die Tasche legen. Die Leiter hoch, sich mit der schweren Tasche balancieren und wieder das Spiel mit der Suche nach reifen Äpfeln, Stiel rausknipsen, die Tasche wird schwerer, keine Äpfel übersehen, runter, weiter.
Der Lob des Vorarbeiters motiviert, aber der gilt nur meiner ausgezeichneten Farbwahl und nicht meiner Schnelligkeit. Meine Prioritäten liegen falsch. Und man wird nicht nach Qualität, sondern nach Quantität bezahlt. Aber es ist noch kein Meister von der Leiter gefallen und ich werde bald besser werden. Irgendwie schaffen die anderen das ja auch…
Nur dass mir der aktuelle Job mit der Folie weitaus mehr gefällt. Stündliche Bezahlung und Kontinuität der Arbeit sprechen meinem Gehirn einfach besser zu. Mal sehen ob das der Vorarbeiter auch so sieht…

Als Belohnung für das Lesen gibt es jetzt einige Fotos, die ich am Morgen eines sonnigen Arbeitstages schoss.

250m passen nicht ganz bündig in einen ‚Bin‘.

Anblicke wie dieser versprechen schnelles Geld, allerdings eher für geübte Hände…

So sieht es vorher aus…

…und so danach. 😀

Wo man auch hinsieht, Millionen und Abermillionen an Äpfeln…

A ga a dschaa‘!

Herzlichen Glückwunsch, jetzt können Sie „I’ve got a job!“ („Ich habe eine Arbeitsstelle!“) im allernachlässigsten Englisch aussprechen! 😀

Ja, morgen geht bei mir die Arbeit los. Der Ernst des Lebens. 🙂 (Noch kann ich Smileys machen.)
Die Äpfel sind reif und können gepflückt werden UND ich bin mit dabei…
Wird aber auch Zeit, wenn ich ehrlich bin. Der Grund, warum ich diese Arbeit tun will ist ja immer noch, neben der Kohle, die Zulassung für die Visumsverlängerung. Und das wird für die nächsten Monate etwas mehr Routine in meinen Wochenablauf bringen. Kein exzessives Ausschlafen mehr, keine Roadtrips zu schönen Stellen der Gegend weil man sonst nichts besseres zu tun hat, keine Kinoabende mit Nachos und Dip bis spät in die Nacht (Kino = Lenovo + Bose Soundlink Mini 🙂 )…

Die letzten Tage waren sehr toll mit all‘ diesen Elementen. 🙂
Ein paar Aktionen haben wir mit einer Gruppe deutscher Work’n’Traveller (woher sonst 😀 ) steigen lassen. Dieselben gehören auf alle Fälle zu den angenehmsten meiner Bekanntschaften hier in Neuseeland.

Ocean Beach. Name ist Programm.

Am Strand durfte ich erstmals (ja; gibt so Sachen, die ich bis jetzt noch nicht gemacht habe…) den Traum leben, den Sand in Richtung Meer zu beschreiten und mich in die Wellen zu legen. Bis jetzt hatte ich wenn, dann flüchtig den Steinstrand in Napier, den Hafen in Wellington, das Mittelmeer auf Mallorca oder halt die Nordsee und den einen oder anderen See in Deutschland mit meiner körperlichen Präsenz beehren dürfen, nicht aber das bestimmte Gewässer wo hinter dem Horizont als nächstes Stück Land Südamerika kommt.
Aber versalzen ist der Ozean immer noch…

Am anderen Tag haben wir den „Te Mata Peak“ besucht und eine kleine Wanderung absolviert. Der Ort ist die nächste höhere Erhebung der Gegend (400m) und bietet herrliche Aussichten auf die Landschaft. Es war ein recht wahnsinnig heißer Tag und die Wanderpackung war gerade so viel wie mein verweichlichter Leib vertrug. Danach wieder in den Ozean zu laufen ist der Ausgleich den man dann halt so braucht… 😀

Der Ausblick vom Gipfel. Neuseeland ist zwar sehr grün, aber nach ein paar Tagen an der Sonne sieht das Gras auch eher braun aus…

Staub auf der Linse als Effektgrundlage. Der Backpacker denkt stets praktisch! 😀

Guck mal Mama! 😀

Hört sich nach Spaß an… 🙂

Sieht auch wie Spaß aus. 😀

Meine Wandergesellschaft. 🙂

Nun, bald wird es sicher weitere Neuigkeiten und eventuell auch ein paar Nahaufnahmen von reifen Äpfeln geben… 😉

Gear and Gadgets 2 oder Gute Investitionen, schlechte Investitionen

Ich bin nun schon 2 Monate unterwegs (Mensch, wie schnell die Zeit vergeht, blabla…) und habe demzufolge schon fast alle meiner mitgenommenen Sachen benutzen können.
Mit der Zeit hat sich rausgestellt dass das eine oder andere mehr oder weniger nutzvoll gewesen ist und daran möchte ich sowohl die Leute die mir beim Packen beigestanden haben, als auch andere Leute, die jetzt zum Beispiel ‚Packliste Au Pair Neuseeland‘ oder ‚Backpacker Packliste‘ gegoogled haben teilhaben lassen.

Bose Soundlink Mini:
Mein meistgeliebter Gegenstand hier. Ich habe ihn als Ersatz für meine Mivoc Sidekick (die ich im letzten Moment schweren Herzens doch wieder ausgepackt habe) als Weihnachtsgeschenk von mir an mich selbst zugelegt um meine HiFi-Gelüste zu befriedigen.
Und das kleine, schwere Wunderwerk der Technik tut einen wahnsinnig guten Job. Es geht sauber (je nach Raummoden ein Ohrenschmaus) bis 60Hz runter und das gefällt mir einfach.
Ich liebe es.

Leatherman Skeletool:
Zwiebelschälen oder widerspenstige Verpackungen öffnen ist mit den Messern im Hostel eine abenteuerliche Sache. Aber mit einer scharfen Klinge ist einem da schnell geholfen, WENN man sie denn dabei hat. 🙂 Von den anderen Funktionen werde ich sicher noch oft Gebrauch machen können.

Buetooth-Maus:
Nicht einmal benutzt. Das Touchpad an meinem * reicht völlig aus.

*Lenovo Thinkpad:
Geiles Ding. Full HD Display und SSD. Geht leise zu Werk, der Akku hält ein paar Filme aus und es tut brav was man ihm sagt.

Socken:
Okay, es ist Sommer. Aber man könnte Packvolumen für diese Jahreszeit einsparen und dafür in bequeme FlipFlops investieren… Bis jetzt habe ich vielleicht 18% der Zeit Socken getragen. 😉

Externe Festplatte/ Speichermedien:
Man fühlt sich einfach sicherer, wenn einem die Filmsammlung des Mitreisenden offen steht und man nach Herzenslust kopieren kann. Und mit ein paar kleinen USB-Sticks als Backup und zwei 32GB microSD-Karten sind die Sorgen um Speicherplatzmangel vergessen.

LEDLenser Stirnlampe:
So kommt man den Mount Victoria auch bei Nacht sicher (und professionell aussehend) hoch.

Minihandtuch:
Es bietet das Gefühl von Sicherheit im alltäglichen Leben und tut einen guten Dienst beim schonenden Transport meines hochgepriesenen Lautsprechers.

Tagebuch:
Wenn man nicht mehr bei Whatsapp nachgucken kann was man den lieben langen Tag gemacht hat wird dieses Buch an Bedeutung schwerer und schwerer.

8L-ZipLoc-Beutel:
Ob man gefüllte Eier macht oder sie als Kompressionsbeutel für seine Kleidung benutzt, sie sind sehr nützlich. Ein unverzichtbarer Reisebegleiter.

Kleidung allgemein:
Angezogen sein ist auch in Neuseeland Standard, aber besonders gerne habe ich meine Shorts mit den riesigen Taschen. Jungs dürfen ja keine Handtaschen haben… Mütze, Schal und Handschuhe werden sich hoffentlich in anderen Jahreszeiten beweisen und ganz wichtig: Die Anzahl der Unterhosen gibt die Dauer zwischen den Wäschewaschtagen an.

Zwei Kreditkarten:
Zwei Geldquellen. Eine zum sorgenlosen Geld abheben und eine zum sorgenlosen Bezahlen. So macht das Leben gleich viel mehr Spaß. 😀

Tablet:
Nutzlos. Bis jetzt zumindest. Nicht einmal eingeschaltet gehabt.

Smartphone:
Ich weiß, ich war einst ein bisschen Freak damit. Aber es ist erstaunlich wie lange ein Akku im Flugmodus aushält. 🙂 Und ich vermisse es kein bisschen. Man hat keine alternative Welt in der Hosentasche und demzufolge kann man sich uneingeschränkt allezeit seiner Umwelt widmen.

1.Hilfe-Set:
Mama und Oma können beruhigt sein, bisher war kein Einsatz nötig.

In-Ear-Kopfhörer:
Im Flugzeug bieten sie weit besseren Klang als die billigen Kopfhörer dort. Sogar als Ohrstöpsel in lauten Situationen können sie nützlich sein. Aber ich bin kein solches Weichei das ich nicht auch bei einer wilden Party nebenan schlafen konnte. 😛

Edding:
Hammer. Ob man sich am Hostelkühlschrank ein Dankmal setzen möchte oder sein Essen beschriften will, ein sehr nützlicher Gegenstand. Fällt in die Kategorie „lebenswichtige Kleinigkeiten“.

3fach-Steckdose:
Handy, Laptop und Lautsprecher auf einmal laden! Man braucht zwar nur einen einzigen Adapter, aber dafür eben auch deutsche Ladegeräte.

Zu den Gepäckstücken sage ich an dieser Stelle nichts.