Große Freiheit

Ich habe mir ein Auto gekauft!

Die große Freiheit ist ein Mazda Lantis, Automatik, 16V, ordentlicher Zustand, nicht teuer. Erinnert an unseren Proton damals. 😉

Man ist, wo man ist. Aber es zählt auch, wo man hin KANN und wie schnell und komfortabel. Bis jetzt war ich an verschiedenen Orten, aber immer an Bus, Fuß oder liebe Leute die Hitchhiker mitnehmen gebunden.
Jetzt bin ich an einem Ort, kann aber UNABHÄNGIG größere Strecken in kürzerer Zeit und weniger Fußsohlenverschleiß hinter mich bringen. Ich kann Einkäufe weit über meine Tragkraft tätigen, kann einfach mal so in die Nachbarstadt und ja, vielleicht sogar zur Arbeit fahren…

Weiter bezieht sich jetzt mein Totalstauraum nicht nur auf meinen Rucksack, meine Hosen- und Jackentaschen und den großen Trolley, sondern auch auf das gesamte Volumen des Autos. Das hat zur Folge, dass man sich beim Erwerb verschiedener Güter keine Gedanken um deren Volumen mehr machen muss, geschweige denn so sparsam zu packen hat. 🙂

Auf diesen Moment habe ich lange gewartet. Jetzt ist es soweit!

Bis jetzt habe ich das Vehikel nur bis zum Hostel hier in Hastings gefahren und es gilt höchste Konzentration, damit man nicht zum Geisterfahrer wird. Aber es ist unglaublich! Wie als ich das erste Mal alleine in meinem Audi saß und die Gegend befuhr.

Ich habe bereits Kontakt gesucht und schon gute Aussicht auf einen Job als Blaubeeren-/ Apfelpflücker. Der Umstand, dass ich 3 Monate durcharbeiten will erleichtert die Suche erheblich. Also wird bald wieder etwas mehr Ernst und Routine und Alltag in’s Leben kommen.

Das Hostel, in dem ich aktuell bin ist wäldlich gelegen und man merkt das. Es kreisen gerade 34 Fliegen um mich rum und meine Gliedmaßen weisen komische Buckel auf die jucken. Sonst ist das Hostel sehr in Ordnung. Und der Fakt dass der Besitzer eine Statistenrolle bei Lord of the Rings hatte soll hier nicht unter den Tisch fallen. 🙂

Noch bevor ich die große Freiheit erwarb, machte ich mich auf einen Fußmarsch zum Hastings ’nahe‘ gelegenen Fluss. 6km sind zu Fuß nicht wenig, aber es hat sich gelohnt…

Das Leben im Hostel

Seit ich in Neuseeland bin, habe ich nirgendwo anders als in Hostels geschlafen. Demzufolge habe ich über diesen Lebensraum einiges gelernt, was ich gerne mit euch teilen möchte.

Was in allen Hostels gleich ist:

  • Es gibt die sogenannten ‚Longtermer‘, also die Personen die schon mehr als 1-2 Monate im Hostel leben. Sie haben schon alles im Hostel gesehen und wissen sich dem Treiben perfekt/ auf ihre Art und Weise einzuordnen. Sie oftmals sind an bunten und mehrgängigen Mahlzeiten und am vertrautem Umgang mit JEDEM im Hostel zu erkennen.
  • Jedes Hostel hat Backpacker, die für Unterkunft arbeiten. Es kann also sein, dass dein Zimmernachbar die Dusche nach dir putzt oder dich nett dazu auffordert doch das Geschirr auch abzutrocknen. Man hört demzufolge auch unzählige Geschichten, wie entstellt andere Zimmer aussehen und dass eine Person doch tatsächlich die Handwaschflüssigseife als Duschgel missbraucht.
  • Es sind gefühlt zu 90% Deutsche und Franzosen, die man trifft.
  • Die Küche lehrt einen sehr schnell, die Hygienestandards von daheim zu vergessen. Wenn keine Reste mehr dran kleben, ist es sauber. Und scharfe Messer existieren nicht.
  • Jedes Hostel hat einen TV-Raum, Sofas über das ganze Areal verteilt und mindestens einen großen Esstisch in der Nähe der Küche.
  • Jedes Hostel hat an unzähligen Stellen Zettel mit Hinweisen angebracht und jeder von ihnen muss eine bestimmte Geschichte haben…
  • Deine Reiseführer schlafen nachts in den Betten um dich herum.

Was in jedem Hostel anders ist:

  • In manchen Hostels legt man sich in’s Bett und schläft selig, während in anderen die Bilder der Bettwanzen, die man vom Laken geschnipst hat ein unangenehmes Jucken am ganzen Körper auslösen.
  • Großer Raum mit Duschvorhang, Badewanne mit Duschvorhang und die Gardine bedeckt nicht das ganze Klarglasfenster, Waschzelle, Riesendusche mit Glaswänden die nicht ganz schließen; Duschen ist hier immer ein kleines Abenteuer.
  • Manche Hostels sind ‚gesprächiger‘, in einem anderen Hostel habe ich die 1,5 Tage kein einziges Gespräch geführt. (War aber nicht so schlimm wie es sich anhört. 😀 )
  • In manchen Hostels gibt es Kaffee und Tee kostenlos, in anderen dazu noch Cappuccino, andere stellen sogar Reis und Nudeln zur Verfügung, wieder andere dagegen nichts dergleichen.
  • Die Quelle allen Seins: Das Internet. Hier bekommst du zeitlich begrenzt unbegrenzte Datenmengen für 12$ die Woche, da gibt es 10GB für 24 Stunden für 4$, dort gibt es 6GB einmalig kostenlos für wie lange man will, aktuell gibt es bei UNglaublich instabiler Verbindung 800MB kostenlos… (Die meisten Städte haben aber mindestens einen freien Hotspot in der Stadt.)

Zu meinem Verbleib gibt es nicht viel zu sagen. Bin wieder nach Wellington gekommen um mein Bankkonto zu eröffnen, was auch sehr gut geklappt hat. Bald werde ich nach Hastings gehen, denn dort gibt es viele Jobs auf Plantagen und das ist genau das was ich suche…
Außerdem sagt man der Gegend das gleiche nach wie der Gegend am Kaiserstuhl in Deutschland: Dort gibt es das ’schönste‘ Wetter. 🙂

Aber dazu später mehr.

Heiße Luft

Wo war ich stehengeblieben?

Rotorua

In dieser wunderlichen Stadt. Ich habe dort ein paar Tage verbracht und vornehmlich die Gegend erkundet. Rotorua ist ja bekannt für seine geothermale Aktivität. Und das merkt man an jeder Ecke. Wo man auch hingeht, es gibt immer diese dampfenden Tümpel, sprudelndes Wasser aus der Erde, Löcher im Boden, Schwefelgestank. Ich habe den See in Rotorua, ein paar Parks und ‚Te Puia‘, eine Attraktion um Maorikultur mit einer Ansammlung geothermaler Wunder (und viel Schwefelduft), besucht. Von diesem unwirklich erscheinenden Flecken Erde musste ich natürlich sehr viele Bilder machen…

Was soll ich sagen? Es kocht einfach mal am Boden…

Lake Rotorua

Alles schreit förmlich nach Abenteuer.

Möwen sind doof und fies, habe ich erfahren müssen. Hoffentlich ärgert sich diese einmal über das hässliche Bild von ihr im Netz! 😀

Ein gänzlig unspektakulärer Teich im Stadtpark.

Es gibt immer abgesperrte Gebiete wo es besonders dampft, sprudelt und riecht…

Wer dringend ein Hobby sucht, hier Inspiration. 😉

Jedes Stück Natur hat seine Regeln…

Wo bin ich hier gelandet??

Hier etwas Chemieunterricht. Versteinertes Holz?

Das ist mal Kunst!! (und das ist nicht meins)

Te Puia

In Te Puia geht es sehr viel um Maorikultur. Man sieht deswegen nur Fratzen weil die Religion es verbietet, menschliche Züge darzustellen.

Habe ich das Wort ’sprudeln‘ schon benutzt?

Mudpools. Es gluckert wie Mamas Tomatensoße kurz bevor sie fertig ist…

Noch was an die Chemiker unter uns… 🙂

In Rotorua City steht der wahrscheinlich schönste Fahrradständer von allen…

Nebenbei durfte ich den für Neuseelandreisende beinahe schon obligatorischen Fallschirmsprung absolvieren. Ein einmaliges, unglaubliches und äußerst intensives Erlebnis.

YEEEEEEEEHAAAAAAAAAAAAA!!!

Zum Abschied von Rotorua habe ich Hitchhiking versucht. Mein Ziel war Taupo und es hat gut geklappt. Nach etwas Wartezeit hielt ein pensionierter Bauer an und nahm mich mit nach Taupo. Wir unterhielten uns die Zeit über über Landwirtschaft und er erklärte mir den Wandel, den das Land von Forst- zu Weidefläche durchmacht. Jetzt weiß ich auch, dass Neuseeland tatsächlich mehr Schafe als Menschen besitzt, aber dass die Zahl der Schafe sich in den letzten Jahren halbiert hat. Kühe gewinnen immer mehr an Bedeutung und die Milchwirtschaft floriert heutzutage.

Taupo

Der liebe John ließ mich am Standrand raus und ich ging guter Dinge drauflos. Wenn ich eines in Neuseeland gelernt habe, ist es, dass man alle Leute immer ansprechen kann. Also versuchte ich mein Glück bei der erstbesten Person, einem forschen Schrittes vorangehenden Mädchen mit Ohrstöpseln in den Lauschern. Dieselben waren flugs verschwunden und es stellte sich heraus, dass sie im Pak’n’Save (eine Art großhandelartiger Aldi) arbeitet, welcher 3 Minuten vom Hostel entfernt ist. Also hatte ich nicht nur eine gute Wegbegleiterin in Christin, sondern auch ein zuverlässiges Navi in der unbekannten Stadt. Zu erwähnen sei da, dass wir uns bei jedem meiner zwei Besuche in dem selben Supermarkt an der Kasse trafen. Man sieht sich halt immer 3x im Leben oder wie war das? 😀

In Taupo blieb ich nur eine Nacht, wobei dieser wunderschöne Flecken (Mittel-) Erde mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Zumal ich die Gegend ja schon aus 4.500m Höhe gesehen hatte. 😉 Aber mein Plan sah es so vor. Ich wollte in Taupo nämlich eine Bloggerin treffen, welche dort Au Pair ist. Das war auf vielen Ebenen besonders und Lake Taupo sieht mit der untergehenden Sonne und den Füßen vom warmen Wasser umspült einfach nur schön aus…

Mein Plan für den nächsten Tag sah eine weitere Portion Hitchhiker-Abenteuer vor. Nachdem ich meine Ersatztasche, welche mir in Absenz der gewünschten ja immer noch an der Backe klebt, über Wiesen und durch Schotter stückweise Richtung Highway 5 nach Napier gezogen hatte, ward mein Daumen erhört und Andrew nahm mich mit. Wir unterhielten uns angeregt über viele Themen rund um Neuseeland (Aotearoa, wie es die Maori ursprünglich nannten) und es galt wieder über die Natur des Landes zu staunen. So viel Abwechslung gibt es nur hier. Und so viel Schönes so nah nebeneinander sicher auch…

Napier

Andrew ließ mich direkt in Napier raus und ich checkte im Hostel ein. Ich hatte Lust, neue Leute kennenzulernen. In Rotorua hatte ich ein Einzelzimmer (welches den Wert von Privatsphäre wieder wichtig werden lässt) und in Taupo war ich ja nur für eine Nacht. Aber in dem Vierbettzimmer hier bin ich tatsächlich der einzige Bewohner. 😀 Nun, über 2 Nächte allein will man sich ja nicht beklagen…
In Napier (oft als wunderschön bezeichnet) ist es wunderschön! Die Stadt wird vom Art Deco (habe ich je erwähnt, das ich großer Bioshock-Fan bin?) dominiert, das Wasser ist blau, es ist auch hier heißer Sommer.
Hier in Napier traf ich dann Klaus und Jennifer, dieselben die mich anfangs in Wellington zum Hostel brachten. Ich wurde nicht nur mit köstlicher Speise bewirtet, sondern auch mit dem Angebot mir bei der Jobsuche behilflich zu sein.

Danke Papa für’s Reparieren. Mögen sie mir noch lange treu zur Seite stehen, bzw. zugrunde liegen…

In Napier stand ich zum ersten Mal vorm weiten Ozean und ich stand lange da.

Meine Pläne sahen ja erstmal die Südinsel als Reise- und Arbeitsziel vor, aber in den 3 Monaten die mir zum Arbeiten für die Visumsverlängerung bleiben wird für’s Reisen dort nicht viel Zeit bleiben. Zumal ich auch in 3 Monaten meinen Au-Pair-Job in Wellington antreten werde…
Vielleicht arbeite ich lieber in Hawke’s Bay und vertage die Südinsel auf später. Das sind die aktuellen Überlegungen. Erst muss ich zwecks Kontoeröffnung aber nach Wellington zurück (diesmal mit Bus, also keine Sorge 🙂 )…

Raus aus dem House!

Neuseeland ist schön! Es ist herrlich grün, man macht die von der Busfahrt schweren Augen einen Moment zu, es ist trocken und braun. Die grünen Hügel sind grob, sie rücken in den Hintergrund und das Gelände ist flach. Es wird wieder grün, die Landschaft macht einen zerklüfteten Eindruck, die Hügel werden feiner. Die Szenerie am Straßenrand lässt Mitleid für die auf ihr Handy starrenden Mitreisenden aufsteigen. An meine Cousins (ihr wisst wer ihr seid ;)) : Stellt euch einfach die Sandgrube mit einem malerischen Fluss, 2000x schöner und mit einem besseren Ausblick als auf Weizenfelder und Wiehengebirge vor. So sah es stellenweise aus! Der Bus hält aber nicht, wir fahren weiter. Das ungewöhnlichste was ich auf der Fahrt gesehen habe, war die Schlittschuh’halle‘ in Taupo. Hier ist Sommer und die betreiben eine Eislauffläche! 😀

Als wir dem Ziel näher kommen, der für ihre heißen Quellen bekannten Stadt Rotorua, sieht man aus dem Dickicht am Straßenrand tatsächlich weißen Dampf aufsteigen. Im letzten Licht des Tages gehen wir zum Hostel…

Es reicht. Einen kompletten Monat habe ich in Wellington verbracht. Das Hostel, man bedenke dass es die erste Bleibe hier ist, ist mir beinahe zum Zuhause geworden. Es fühlte sich aber nicht wirklich nach Reisen an, so schön die Zeit dort auch war… Ich habe Wellington lieb gewonnen, kenne mich dort mittlerweile aus und ich habe wunderbare Menschen kennengelernt. 🙂 Ich habe ja hauptsächlich auf meine Tasche gewartet und bis jetzt nichts von ihr gesehen. Warum also an dem Plan festhalten? Deshalb habe ich mich kurzfristig für eine kleine Rundreise auf der Nordinsel entschieden.

Eine sehr nette Japanerin die ich in Wellington kennenlernte arbeitet hier in Rotorua in einem Hostel, welches ich selbstredend auch gebucht habe. Wir fuhren sogar mit dem selben Bus und ich war ganz froh, jemand ortskundigen dabei zu haben. 🙂

Rotorua riecht nach Schwefel, mal mehr, mal weniger. Hoffentlich werde ich mich bald daran gewöhnen… Das Wetter ist hier anders als in Wellington. Es ist heiß, es fühlt sich an wie Sommer. Wellington ist immer windig, es war selten gescheit warm. Ich habe gefrühstückt, sitze im Innenhof des quirligen Hostels und die Katze hat sich neben mir niedergelassen. Katzen sind schon interessante Tiere. Mal kratzen sie, mal betteln sie um Streicheleinheiten, dann haben sie wieder genug von der Zuwendung…

Jetzt fühlt es sich auf jeden Fall wie Reisen an. Man ist nicht mehr gebunden, man kann sich frei bewegen. Und nur, weil man einfach mal umgedacht hat.